Weltweite Trauer um Markelov und Baburova

Der Mord an Stanislav Markelov und Anaststasija Baburova war ein Schock für engagierte Menschenrechtler_innen und Journalist_innen, für emanzipatorische Aktivist_innen und Antifaschist_innen. Schon einen Tag später kamen Hunderte zum Tatort. Sie hinterließen Kerzen, Blumen, kleine Nachrichten und Fotos der beiden. Sie trauerten, erinnerten an den gewaltsamen Tod der beiden und sorgten dafür, daß der Mord im Stadtbild sichtbar blieb. Den Sicherheitsbehörden sollte keine Möglichkeit gegeben werden, das Verbrechen zu vertuschen.

Aber es blieb nicht nur bei der Trauer. Am Abend des 20. Januar gingen Anarchist_innen und Antifaschist_innen landesweit in Erinnerung an die Ermordung von Markelov und Baburova auf die Straße. In Moskau demonstrierten circa 300 Menschen unangemeldet, laut und kämpferisch. Zuvor versuchten Sicherheitskräfte der paramilitärischen Miliz OMON die Versammlung zu verhindern. Die Teilnehmer_innen wurden zusammengeschlagen. Es gab mehrere Festnahmen. Auch nach Ende der Demonstration gab es Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant_innen und Sicherheitsbeamt_innen. Aber trotz massiver Präsenz und Übergriffe durch die Miliz konnte die Demonstration nicht verhindert werden.

In St. Petersburg trafen sich mindestens 50 Anarchist_innen und Antifaschist_innen, um an Markelov und Baburova zu erinnern. Hier konnte nach langen Diskussionen mit den örtlichen Polizeikräften eine Demonstration ohne Repression und Auseinandersetzungen mit den Beamt_innen durchgeführt werden. Die größte Gedenkveranstaltung fand aber im chechenischen Grosny statt. Dort versammelten sich mindestens 1.000, laut anderen Angaben sogar über 3.000 Menschen und erinnerten insbesondere an Stanislav Markelov, der sich so oft und hartnäckig für Opfer staatlicher Gewalt im Südkaukasus eingesetzt hatte. Für diese Menschen war die Ermordung ein Schock. Die hohe Zahl der Teilnehmer_innen bewies, daß sich die Menschen in Chechnja sehr verbunden mit ihm fühlten, war er doch einer der wenigen, der unnachgiebig für ihre Interessen kämpfte.

Weitere Gedenkveranstaltungen fanden in den darauffolgenden Tagen landes- und auch weltweit statt. In Kiev erinnerten circa 50 Menschen an Markelov und Baburova. Selbst in Berlin versammelten sich mindestens 100 Menschen, um an die Ermordung der beiden zu erinnern. In Barnaul, im Altai-Gebirge, trafen sich ebenfalls Aktivist_innen. Weitere Veranstaltungen fanden in Perm, in Borobidzhan, der Hauptstadt der Jüdischen Autonomen Oblast im Osten von Russland, in Vladivostok, Khabarovsk, in Samara, Omsk, Ufa usw. statt. In Novosibrisk versammelten sich 15 bis 20 Menschen zu einer Kundgebung, um an den Tod von Markelov und Baburova zu erinnern. Die Teilnehmer_innen dort wurden von Nazis überfallen und einige verletzt. In Nizhnij Novgorod zogen am 23. Januar Anarchist_innen und Antifaschist_innen laut und kämpferisch durch die Stadt. Außerhalb von Russland gab es Gedenkveranstaltungen in Rom, Paris, Prag. In Deutschland wurde in Berlin und Düsseldorf an Markelov und Baburova erinnert.

Schon ein Jahr später formierte sich in Moskau das Komitee 19. Januar als breites Bündnis engagierter Menschenrechtler_innen, emanzipatorischer Aktivist_innen, Anarchist_innen und Antifaschist_innen, um am Todestag von Markelov und Baburova gegen Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Nazi-Terror zu demonstrieren. Das Bündnis will explizit an alle Opfer von nationalistischer Gewalt erinnern – jenseits vermeintlich politischer, ethnischer oder sozialer Zuschreibungen. Nazi-Gewalt betrifft alle! Deshalb müssen sich die Menschen gemeinsam dagegen wehren. Aus diesem Grund ruft das Komitee 19. Januar jährlich am 19. Januar in Erinnerung an Markelov und Baburova zu einer großen antifaschistischen Demonstration in Moskau auf, die landesweit durch Kundgebungen und andere Gedenkveranstaltungen begleitet wird.

Im nächsten Jahr möchten wir in Berlin ebenfalls an den Tod von Baburova und Markelov erinnern. Außerdem möchten wir auf die tödlichen nationalistischen Strukturen und Aktivitäten von militanten Nationalist_innen in Russland aufmerksam machen. Des Weiteren wollen wir ein solidarisches Zeichen setzen gegen einen nationalistischen Konsens, gegen Nazi-Terror und die Kriminalisierung engagierter Antifaschist_innen in Russland!

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