Wie auf dem Blog der russischen Organisation für Menschenrechte zu lesen ist, feierte gestern und heute im Theater „Baltijskij Dom“ (Baltisches Haus) im Rahmen des Projektes „Peterburgskaja Dokumental’naja Scena“ (Peterburger Dokumentarbühne) die Premiere der Inszenierung „Antitela“ Premiere. Darin geht es um die Ermordung des Musikers und Antifaschisten Timur Kacharev durch militante Nazis am 13. November 2005. Der Text entstand aus Interviews mit der Mutter des Ermordeten und des Mörders, mit Kacharevs Freundin, Ermittler_innen im Mordfall, Sprecher_innen linker und nationalistischer Organisationen sowie Zeug_innen des Mordes.
Im Zentrum der Inszenierung steht, wie die Macher_innen erzählen, nicht nur die Geschichte des nationalistischen Terrors, sondern auch menschliche Fragen. So fragen sich die Beteiligten, was die Idee von Menschlichkeit bedeutet. Wo sind die Wurzeln der Gewalt zu suchen. Wieso wird die bürgerliche Gesellschaft gleichzeitig immer aggressiver und gleichgültiger.
Die Folie für die theatrale Auseinandersetzung mit (Menschen-) Haß, Gewalt und Menschlichkeit bleibt aber immer die Ermordung von Timur Kacharev. Er und sein Freund Maksim Zgubaja wurden am 13. November circa um 19 Uhr von mehreren Nazi-Skins angegriffen. Timur wurde sechs mal in den Hals gestochen und starb an den tödlichen Verletzungen. Maksim konnte in ein Einkaufszentrum flüchten, hatte aber ebenfalls schwere Verletzungen am Kopf. Außerdem war er mehrfach in die Brust gestochen worden. Er kam schwer verwundet ins Krankenhaus und überlebte.
Im Dezember 2005 wurden die Mörder verhaftet. Im Jahr 2007 wurden alle verurteilt. Vier Nazis wurden zu Freiheitsstrafen zwischen 2 bis 12 Jahren verurteilt, drei erhielten niedrigere Strafen. Aleksandr Shabalin, der Haupttäter und Verantwortliche für den Tod von Kacharev sowie den schweren Verletzungen von Zgubaja, wurde zu 12 Jahren Lagerhaft wegen Mordes und Volksverhetzung verurteilt.Auch die anderen wurden im übrigen wegen Aufstachelung zu ethnischen Haß verurteilt.
Die Inszenierung klingt sehr interessant. Nicht nur, weil damit die Erinnerung an die Opfer von Nazi-Terror am Leben gehalten wird. Mindestens ebenso spannend klingt, daß sich die Beteiligten mit den Worten der Täter_innen auseinandersetzten. Hoffentlich kommt die Inszenierung auch mal nach Deutschland.